


Das Leben ist voller Geheimnisse, großer und kleiner. Mich faszinieren die kleinen..
Wie ich nicht verheiratet bin, in keiner Beziehung lebe, und auch keine Kinder habe, eigene nicht und auch keine adoptierten
Und wie es doch für Augenblicke so etwas wie „meine Familie“ gibt, meine Frau, es ist eine hübsche Frau, und mein Kind, ein lebhaftes Kind, eine Tochter
Und wie es dazu kommt in einem Supermarkt, einem Supermarkt, in dem als Hintergrund-Berieselung eine Stimme zum Kaufen animiert, und dabei betont, für die Familie, sie kaufen für die Familie
In so einem Supermarkt erwerbe ich meine Familie, und zwar an der Kassa, an der eine Frau, die besagte Frau, und ihre Tochter, meine Tochter, warten
Die Frau, die zuvor in der Getränkeabteilung des Supermarktes mit ihrer Tochter an mir und meinem Einkaufswagen vorbeigeht, im Vorbeigehen das Mineralwasser in meinem Einkaufswagen sieht und zu ihrer Tochter sagt, wir brauchen noch Wasser
Und ich Minuten später vor der Kassa ankomme, und dort schon ebendiese Frau mit ihrer Tochter steht, die beiden wie eine Familie sind, eine fast komplette, jedenfalls die dahinter stehende Frau, die mir entgegenschaut, zurücktritt, um mir den Vortritt zu lassen, und als ich nicht reagiere, sagt, gehören sie nicht dazu
In Wien Floridsdorf, in einer Seitengasse nahe dem Bahnhof, steht, mit einem Staubtuch in der Hand, ein Mann auf einem Balkon, und, ich erschrecke: ich sitze unterhalb des Balkons auf einer Bank, beginnt, sein Staubtuch mit kräftigen Handbewegungen auszuschütteln – aufgrund günstiger Lichtkonstellation, die Sonne bescheint den Balkon, kann ich die Staubpartikel sich lösen sehen: sie treten aus aus dem Staubtuch, formieren sich zu einer Wolke – die zum größten Teil, angetrieben vom leichten Wind, zurückschwebt auf den Balkon, und durch die offene Balkontür ins Innere der Wohnung – beruhigt bleibe ich auf meiner Bank sitzen, beobachte den Wohnungsinhaber, der, er schaut gegen die Sonne, sieht nicht die Auswirkung seiner Handlung, ist zufrieden mit seiner Arbeit: er schaut vom Balkon, geht dann, mit seinem Staubtuch, zurück ins Wohnungsinnere
Da, sagt meine Bekannte E., die auf dem Stadtplan zeigt, da, und, weil ich zögere, noch mal, da, und ob ich das nicht sehe, da, wo sie es doch zeige
Sie es zeigt und ich schaue, doch liegen auf dem Plan alle ihre Finger, fächerförmig ausgestreckt, jeder der Fingerspitzen auf einem anderen Punkt des Planes
Welcher ihrer Finger, frage ich E., derjenige denn sei, mit dem sie zeige
E., noch immer ungeduldig, hält inne, und beginnt, sie weiß jetzt um die Unklarheit ihres Zeigens, zu lächeln
Sie zieht vier ihrer Finger zurück, so dass nur mehr ein Finger auf dem Plan bleibt und sagt, auf den einen Finger schauend, der
Reading of my text, Turin (Italy) - map, with Peter Waugh at Galerie Heinrich Vienna (AT)
Wie der Reiseleiter über eine Frage der Touristin lacht und sagt, diese Frage wäre ihm bis jetzt von jeder Reisegruppe gestellt worden, der er diese Geschichte erzählte, die sich tatsächlich so zugetragen habe
Die Geschichte vom Rad, das ein Mann auf der Straße findet, und das nicht aussieht wie ein Autoreifen, und da blickt der Mann nach oben und er sieht die Achterbahn, und er geht mit dem Rad zum Eingang der Achterbahn, wo man seiner Vermutung, das Rad stamme von der Bahn, nicht glaubt, ihm unterstellt, er wolle sich auf diese Art freien Eintritt verschaffen, weshalb der Mann, immer noch mit dem Rad in Händen, ein Ticket kauft, und mit dem Aufzug hinauffährt, die Achterbahn ist auf dem Dach des Gebäudes, und dort die Direktion aufsucht, deren Mitarbeiter das Rad als Rad der Achterbahn erkennen und eine Notbremsung der gerade in Fahrt befindlichen Garnitur veranlassen
Jedes Mal, sagt der Reiseleiter, werde ihm, wenn er diese Geschichte erzähle, die Frage gestellt, die ihm auch die Teilnehmerin dieser Reisegruppe stellt, die Frage nach dem Ticket: ob der Mann, nachdem sich die Richtigkeit seiner Behauptung herausstellt, das Geld für die von ihm gekaufte Karte zurückerhält – wie den anderen Reisegruppen, sagt der Leiter, müsse er auch ihnen antworten, dass er es nicht wisse
Lehrer sind Respektpersonen
Sagt meine Tante
Wer etwas werden will
Sagt sie
Wird Bürgermeister
Priester oder Lehrer
Hatten doch Lehrer Priester und Bürgermeister
Sagt meine Tante
In ihrer Kindheit
Das höchste Ansehen
Und wie eine Gruppe von Schülerinnen
Und Schülern
Aus einem Wiener Einkaufszentrum kommt
Beobachtet von zwei Frauen
Von denen die eine
Zur anderen
Über den Mann am Beginn der Gruppe sagt
Das ist der Lehrer vurn
Der Glatzerte Klane
Was sagst[1]
[1] Wienerisch für: Das ist der Lehrer vorne, der Kleine mit Glatzkopf, was sagst du dazu?